Johann Heinrich Geiger (24.12.1764 - 7.2. 1849) Buchbinder, Drucker und Verleger
Der Vater des Hinkenden Bott aus Lahr
von Christel Seidensticker

Geboren wurde Johann Heinrich Geiger in der Geburtsstadt seiner Mutter Elisabeth Dreyspring, in Lahr. Hier besaß auch der Vater seit 1851 das Bürgerrecht, obwohl er in Rüppurr ansässig ist. Dies deutet auf Grundbesitz in Lahr und auch darauf, daß der Vater nicht ganz unvermögend ist, denn das Bürgerrecht war immer auch mit Pflichten, vor allem finanziellen verbunden.
Johann Heinrich Geiger wird Buchbinder wie sein Vater Christian Siegmund und sein Bruder Christian. Irgendwann einmal beschließt die Familie nach Lahr überzusiedeln. Mit noch nicht ganz 25 Jahren heiratet Johann Heinrich die Lahrerin Anna Baumann. Als ein gutes Jahr später die erste Tochter auf die Welt kommt, hatte auch er das Bürgerrecht in Lahr erworben.
Weshalb sich die Familie entschloß, nach Lahr zu gehen und wann dies genau geschah, ist nicht bekannt. Alle drei, der Vater und die beiden Brüder, betrieben etwa von 1790 an ihr Gewerbe in Lahr, der Vater genoß wahrscheinlich schon seinen Lebensabend, half wohl nur noch aus. Er war fast siebzig Jahre alt, wird aber noch etwa 15 Jahre leben.
War es der Familie in Karlsruhe zu unruhig geworden in jenen kriegerischen Zeiten unmittelbar nach der französischen Revolution? Waren es Gerüchte vom Einmarsch der Franzosen? Hatte es Schwierigkeiten mit dem Markgrafen von Baden gegeben? Ernährte die Buchbinderei die Familie nicht mehr? Versprach man sich, in Lahr lebhaftere Geschäfte machen zu können? Oder stand der Entschluß Johann Heinrich Geigers zu diesem Zeitpunkt schon fest, es mit dem Buchdrucken zu versuchen und errechnete er sich in Lahr bessere Chancen? Immerhin gab es im Badischen privilegierte Drucker, in Lahr, das zu Nassau-Usingen gehörte, könnte es Bedarf und weniger Schwierigkeiten gegeben haben. Das sind alles Spekulationen. Am wahrscheinlichsten ist, daß der Ortswechsel stattfand, um in den Genuß der Grundstücke zu kommen.
Neben der Buchbinderei, die damals immer auch mit dem Verkauf von Büchern einherging, handelten die Brüder mit Schreibwaren und Tapeten und stellten, wie schon in Karlsruhe, Spielkarten her. Hierfür wurde sogar ein Kartenmacher eingestellt.
Schon bald nach der Übersiedelung begann Johann Heinrich zu drucken. Später wird erzählt, er habe in Basel in einer in Konkurs gegangenen Druckerei Lettern und eine Presse erworben und diese zusammen mit seiner Frau Maria in einem Handwagen nach Lahr gebracht. Beide sollen sich dann das Drucken beigebracht haben. Tatsächlich stammen die für die frühen Drucke verwendeten Lettern aus einer Basler Schriftgießerei. Doch das besagt nicht viel, denn die Schrifttype war weit verbreitet und wurde zu gleicher Zeit auch in Straßburg verwendet.
Von 1792 an bemühte sich Johann Heinrich um ein Druckprivileg bei seinem Landesherrn in Wiesbaden, das er jedoch nie erhielt. Dennoch druckte er: Schilder für die in Lahr aufkommende Tabakindustrie, kleine Formulare und Protokolle für städtische Behörden, Schriften aus aktuellem und örtlichem Anlaß, von 1796 die biblische Historie, den kleinen Katechismus und das Lesebuch und eine Fibel für das Oberamt. Vor allem aber ließ der von Straßburg nach Ettenheim in der Nähe von Lahr geflohene Kardinal
Rohan von 1795 an seinen gesamten Bedarf bei ihm drucken, alle "in das geistliche Fach einschlagenden Schriften, Kirchenkalender und öffentlichen bischöfliche Verordnungen hiesigen Kirchsprengels", wie ihm später bescheinigt wird. Auch das wird bescheinigt: "... daß man hierorts mit seiner Arbeit, Anstrengung und außerordentlichen Dienst Fleiß bestens zufrieden war; auch selber auf mögliche Art empfohlen zu werden sich verdient gemacht hat."
"Vielleicht wird mir auch hinterwärts zum Vorwurf gemacht, daß ich kein gelernter Buchdrucker, sondern ein Buchbinder seie. Es ist wahr, ich habe nicht in Thor- und Narrheiten, oder in Schwelgereien aller Art meine früheren Jahre verlebt, sondern mir im Willen Kenntnisse zu sammeln gesucht, welche meine Eltern mir nicht geben konnten; aber dennoch habe ich sowohl in mechanischer als merkantilischer Hinsicht in 13 Jahren bewiesen, daß ich Buchdrucker bin." So schreibt er über sich in einer Bittschrift von 1805. Zurückgerechnet ergibt sich, daß Geiger schon früher als 1794 zu drucken begann, dem Jahr, das als Gründungsdatum der Druckerei schon im vorigen Jahrhundert von seinen Nachkommen gefeiert wurde. Das erste nachweisbare Druckdatum ist aus einer Rechnungsquittung für die Stadt Lahr aus dem Jahr 1794 zu entnehmen.
Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1803 trennten sich die Brüder. Johann Heinrich übernahm außer der Buchdruckerei und der Kartenfabrikation den "Buch-,
Papier- und Tapetenhandel und die Lesebibliothek", während der Bruder Christian die Buchbinderei weiterbetrieb und Bonbonnieren, Visitenkarten, kleine und große Kupfer, Papierspitzen und kleine "Lädchen" (Schächtele) mit wohlriechenden Wässerchen verkaufte.
Die Karten-Fabrikation hat Johann Heinrich erst 1817 "eingehen" lassen. Die Lesebibliothek übergab er 1816 seinem Schwiegersohn Theodor Kaufmann, dem Begründer des noch heute in Lahr ansässigen Druckhauses Kaufmann und des Verlags Ernst Kaufmann.

Die Klio, Versuch einer Zeitung
Der Versuch, 1795 für den schwäbischen Dichter Gotthold Friedrich Stäudlin eine Zeitung zu verlegen, mißlang. Sie wurde nach der Muse der Geschichtsschreibung "Klio" genannt, erschien aber nur ein halbes Jahr, obwohl Stäudlin ein ausgedehntes Korrespondentennetz aufgebaut hatte und Erfahrungen aus dem schwäbischen mitbrachte. Da die Druckerlaubnis für die Zeitung vom Nassauisch-Usingischen Landesherrn schwerlich zu erreichen gewesen wäre, druckte Geiger in Seelbach - oder gab es zumindest vor - mit "Hochgräflich Leyen'schem Privilegium".
Stäudlin war ein Freund des 1791 verstorbenen Publizisten und Lyrikers Christian Friedrich Daniel Schubart, der für seine allzu freiheitlich gesinnte und deshalb unliebsame Zeitung in Festungshaft auf dem Hohenasperg schmorte. Auf den insgesamt 230 Seiten der "Klio" prangert Stäudlin den Krieg an, preist jeden Hoffnungsschimmer auf Frieden, empört sich über die Barbarei und die Greuel der Jakobiner. Nach dem Krieg, so versprach er, wolle er "durch Aufsätze aus anderen Gebieten, alte Geschichte, Moral, Poesie der Zeitung Mannigfaltigkeit geben". Doch dazu sollte es nicht kommen. Abonnenten und Anzeigenkunden blieben aus. Nach einem halben Jahr mußten Stäudlin und Geiger aufgeben. Bei Geiger, seinem Verleger, wie Stäudlin ihn ausdrücklich nannte, veröffentlicht er auch zwei Schriften, die er in der "Klio" ankündigte: "Empfindungen bei der Nachricht von Robespierre's Fall und Tod" und für 8 Kreuzer "Geschichte der Feier des 50sten Amtsjahres des Herrn Reichsschultheißen Freih. von Rienecker zu Offenburg. Dieser Beschreibung sind auch die 80 Emblemen, welche bei der zur Verschönerung dieses Festes veranstalteten Beleuchtung angebracht waren, auch das Gedicht, welches die Handelsschaft dem Herrn Reichsschultheißen überreichte, beigefügt. Auch bei Buchbinder Lang in Offenburg ist diese Beschreibung in Kommission zu haben."
In der 76. Nummer des Blattes vom 30. Juni 1795 kündigt Stäudlin dem Publikum an: "daß die Laufbahn der Klio mit diesem Blatte sich endigt". Er überlebte das Ende seiner Zeitung nicht lange. Ein gutes Jahr später ertränkte er sich 38jährig in Straßburg in der Ill. Er habe nun, so schrieb er an die Mutter, die von ihr so sehnlich erwünschte Versorgung "im Grabe gefunden".

Das Wochenblatt
Einen neuen Anlauf wagte Geiger 1796 mit dem Lahrer Wochenblatt, ein bescheidenes und zunächst nur aus einer einzigen Doppelseite bestehendes Mitteilungsblatt. Es vermeldete die "Gebohrenen, Copulierten und Gestorbenen", die Frucht- und Fleischpreise, amtliche Vorladungen und Mitteilungen, sonst nicht viel mehr.
Trotz mancher Querelen, so etwa, wenn die Obrigkeit den Druck wegen eines Verstoßes gegen die strengen Zensurgesetze verbieten mußte, entwickelte sich das Blättchen im Laufe des 19. Jahrhunderts zu dem, was heute noch als "Lahrer Zeitung" täglich erscheint. Geiger hat 1808 die Redaktion selbst übernommen, nachdem ein Kirchenmann, Dekan Fecht, sie eine Zeitlang für ihn besorgt hatte.

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Einen neuen Anlauf der Zeitungsgründung unternahm Geiger 1796. Das zunächst nur doppelseitige . Wochenblatt. entwickelte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zu dem, was heute noch als . Lahrer Zeitung. täglich erscheint.


Ein wagemutiger Unternehmer war Johann Heinrich Geiger, der als gelernter Buchbinder in Lahr eine Druckerei und einen Verlag aufbaute.


Der erste Versuch Johann Heinrich Geigers 1795 eine Zeitung zu verlegen, mißlang. . Klio. , wie sie nach der Muse der Geschichtsschreibung genannt wurde,