Er wurde 100 v. Chr. geboren
Caesar "erster Europäer” oder Würgengel der Barbaren”
von Bernhard Pollmann


Während des Gallischen Kriegs zerschlug er die keltische Kultur in Westeuropa und schuf die Grundlage für die Romanisierung der Länder zwischen Rhein und Atlantik. Wie kein Zweiter hat er die Geschichte des Abendlandes bis ins 20. Jahrhundert hinein geprägt, sein Name lebt fort in den Bezeichnungen "Kaiser” und "Zar”: Vor 2100 Jahren, am 13. Juli 100 v. Chr. wurde der römische Feldherr, Diktator und Schriftsteller Gaius Iulius Caesar in Rom als Sproß der altrömischen Adelsfamilie der Iulii (Julier) geboren. Wie der Naturforscher Plinius berichtet, kam er durch "sectio caesarea” (Caesar-Schnitt) zur Welt: Bis heute wird diese operative Entbindung nach Caesar "Kaiserschnitt” genannt.

Für den deutschen Historiker und Literaturnobelpreisträger Theodor Mommsen war Caesar "der vollkommenste Mann der Antike”. Friedrich Nietzsche nannte ihn "den herrlichsten Menschen” und - neben Alkibiades - den "ersten Europäer”. Caesars Stileleganz und Gedankenschärfe, seine Lebendigkeit und Kraft des Ausdrucks sowie seine phrasenlose Klarheit ließen sein Geschichtswerk "Über den Gallischen Krieg” vom 19. Jahrhundert an zur Standardlektüre im Lateinunterricht werden. Diejenigen, die Caesar kritisch sahen, bildeten stets eine Minderheit, aber es gab sie: "Wir sind zu human geworden, als daß uns die Triumphe des Caesars nicht widerstehen sollten”, urteilte Johann Wolfgang von Goethe.

Caesars für die Entwicklung Europas folgenträchtigste außenpolitische Tat war die Schaffung einer Grenze, die es vorher nie gegeben hatte: die Rheingrenze. Im Gallischen Krieg unterwarf Caesar 58 bis 51 v. Chr. die überwiegend keltisch besiedelten Länder zwischen Rhein, Atlantik und Pyrenäen und gliederte sie unter der Bezeichnung "Gallien” dem Römischen Imperium ein. Dieser Krieg kostete schätzungsweise rund vier Millionen "Barbaren” das Leben, etwa ein Drittel der waffenfähigen keltischen Bevölkerung wurde getötet, ein weiteres Drittel versklavt.

Damals war auch das Gebiet rechts von Ober- und Hochrhein überwiegend von Kelten besiedelt, während beidseits des Unterrheins überwiegend Germanen lebten: Der Rhein bildete keine Grenze. Um Kritiker in Rom auszuschalten, erfand Caesar die Mär von den rechts des Rheins siedelnden wilden Germanen (die noch nicht zu schlagen seien) und den links des Rheins siedelnden Kelten (die er unterworfen hatte). Damit schuf Caesar "die Rheingrenze”: Das rechtsrheinische Gebiet hieß seit Caesar "Germania” (obwohl dort auch Kelten lebten), das unterworfene linksrheinische Gebiet hieß "Gallia”.

Die Beute aus dem Gallischen Krieg und die Einkünfte aus den von ihm unterworfenen neuen Provinzen machten Caesar zum reichsten und mächtigsten Mann Europas und legten - gemeinsam mit seiner Armee - den Grundstein für sein innenpolitisches Wirken. Um einem Gerichtsverfahren wegen Amtsmißbrauch zu entgehen, löste er im Jahr 49 v. Chr. einen Bürgerkrieg gegen seinen mächtigsten Gegenspieler, den Spitzenpolitiker Pompeius, aus. Nach dem Tod des Pompeius, dem Sieg im Bürgerkrieg und einer Liebesbeziehung zur ägyptischen Königin Kleopatra (der gemeinsame Sohn erhielt den Namen Kaisarion) wurde Caesar im Jahr 46 zum "Dictator” für zehn Jahre ernannt: Versehen mit diktatorischen Vollmachten, stand er an der Spitze eines Staates, der dem Namen nach eine Republik war.

Als Dictator führte Caesar umfassende innen-, finanz-, rechts- und verwaltungspolitische Reformen ein. Die für Gesamteuropa wichtigste Reform war die Einführung des nach Caesars Geschlechtsnamen benannten Julianischen Kalenders: Dieser Kalender blieb in den meisten europäischen Staaten bis zur Gregorianischen Kalenderreform (von 1582 an) in Kraft, in Rußland und anderen nichtkatholischen Ländern sogar bis ins 20. Jahrhundert. Der Monat Juli (iulius) trägt diesen Namen bis heute nach Gaius Iulius Caesar, der in diesem Monat geboren worden war.

Im Februar 44 ernannte der römische Senat Caesar zum Dictator auf Lebenszeit; darüber hinaus wurden ihm mit Goldkranz und Triumphal-Ornat die altrömischen Königsinsignien verliehen. Ob Caesar tatsächlich König werden wollte, ist unbekannt: Im März 44 wurde er im Saal des Pompeiustheaters erstochen - Opfer einer Adelsverschwörung unter der Führung von Brutus und Cassius.

Caesar hinterließ keine ehelichen Kinder. Seinen Großneffen Octavian hatte er adoptiert und testamentarisch zum Nachfolger bestimmt: Nach einem Krieg gegen die Caesarmörder begründete Octavian als "Augustus” im Jahr 27 v. Chr. eine neue Staatsform im Römischen Reich - das Kaiserreich.





Am 15. März 44 v. Chr. wurde Caesar im Senat von Brutus erstochen, der eine Adelsverschwörung anführte (Ausschnitt eines Gemäldes von Karl Theodor von Piloty, 19. Jahrhundert).