Die Bauern standen auf
"Als Adam grub und Eva spann"
von August Hermeier

Jeder, der sich mit der Geschichte der deutschen Bauernkriege im 15. und 16. Jahrhundert auch nur in groben Zügen beschäftigt hat, weiß um die schweren Kämpfe der um ihre Freiheit ringenden Bauern. Männer wie Ulrich von Hutten und Franz von Sickingen er-hoben ihr Wort für die Bauern. Auch Luther stand anfangs auf ihrer Seite. Als sie jedoch dazu übergingen, Burgen und Klöster zu zerstören, zu rauben und zu plündern, sagte er sich von ihnen los. In seiner Schrift "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern. kannte er deshalb keine Gnade, sondern verlangte ihre völlige Vernichtung.

Die Bauernbewegung verstärkte sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts immer mehr. Aber schließlich gelang es dem Adel doch, die Bauernaufstände blutig zusammenzuschlagen. Traurige Bilanz: etwa 100.000 Tote. Das Heer der thüringischen Bauern - ihr Führer war der als radikal geltende und auch sonst nicht unumstrittene Theologe und Sozialrevolutionär Thomas Münzer (Bild) - ereilte sein Schicksal vor 475 Jahren am 15. Mai 1525 bei Frankenhausen am Kyffhäuser, wo es von Landgraf Philipp von Hessen, Kurfürst Johann und den Herzögen Georg und Heinrich von Sachsen mit ihrer Streitmacht vernichtend geschlagen wurde. Von dem 6000 Mann starken Bauernheer wurden über 5000 auf dem Schlachtfeld oder auf der Flucht getötet. Münzer entkam zunächst, konnte aber schnell dingfest gemacht werden. Er wurde nur zwei Tage später, am 17. Mai, bei Mühlhausen in Thüringen hingerichtet.

Thomas Münzer, 1489 (?) in Stolberg im Harz geboren, war Theologe, wurde früh von Martin Luther gewonnen und von diesem 1520 als Prediger nach Zwickau geschickt, wo er sich jedoch den vom Hussitentum beeinflußten Gedanken der Zwickauer Propheten erschloß. Nicht mehr in der Bibel, sondern in der inneren Erleuchtung sah er fortan die Grundlage des Glaubens. Über Böhmen kam Thomas Münzer drei Jahre später als Pfarrer nach Allstedt, wo er in Deutsch Gottesdienste abhielt und damit begann, Bürger, Bauern und Bergleute in einem Bund gegen die Obrigkeit zu vereinen, um ein urchristlich-kommunistisches Reich im Kampf gegen die Gottlosen zu errichten. Bald von dort und auch aus Mühlhausen vertrieben, nahm Münzer 1524/25 im süddeutschen Raum Kontakt mit den aufständischen Bauern auf. Nach seiner Rückkehr nach Mühlhausen Anfang 1525 organisierte er von hier aus den Bauernkrieg in Thüringen.

Der Bauernkrieg war eine Summe von Einzelaktionen ohne zusammenfassende Führung mit wechselnden Schauplätzen, besonders in Süd- und Mitteldeutschland. Leider fehlte diesem gerechten Aufstand der Bauern eine Führerpersönlichkeit. Die Ritter Florian und Götz von Berlichingen und andere Persönlichkeiten waren von idealem Wollen erfüllt, aber es fehlte ihnen die geniale Größe, um eine so gewaltige Bewegung wie die des Bauernkrieges zusammenzufassen und nach außen zu vertreten. Daher mußte sie scheitern.

Das schwäbische Bauernheer hatte im Februar 1525 zwölf Artikel proklamiert, die von fast allen Bauernheeren anerkannt wurden und zweifellos eine gerechte und vernünftige Grundlage für die Besserung der bäuerlichen Verhältnisse gebildet hätten. Die Bauern forderten Abschaffung des kleinen Zehnten, freie Jagd und freien Fischfang, Waldnutzung, freie Pfarrerwahl, gerechte Abschätzung der von einem Hof tragbaren Lasten durch sachverständige Bauern, vernünftige Ordnung der Spanndienste, vor allem ein wirkliches Volksrecht und Abschaffung der richterlichen Willkür der Grundherrschaft. Die Artikel sind verständlicher als viele langatmigen Abhandlungen abgefaßt. Abschließend erklärten die Bauern, sie wollten von ihren Forderungen abstehen, wenn man ih-nen nachweise, daß sie dem Worte Gottes nicht gemäß wären.

In einer Flugschrift der oberdeutschen Bauern von 1524 heißt es: "Gott mag in seiner Gerechtigkeit nicht gedulden, daß wir Armen also sollen elend sein, der Edelleute Wiesen abzumähen und zu heuen, ihre Äcker zu bauen. Den Flachs säen, wieder herausraufen und waschen, zu brechen und zu spinnen, Erbsen zu klauben, Spargel zu brechen. Dazu müssen wir Armen ihnen steuern und zu zin-sen und sollen daheim nicht minder, weder Brot, Salz noch Schmalz haben, mitsamt den Weibern und den kleinen unerzogenen Kindern. Hat Gott ihnen solche Gewalt gegeben, in welchem Kap-penzipfel (= Kapitel der Bibel) steht das geschrieben?. Und landauf, landab ging damals der Vers: "Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?.



 


Der Theologe und Sozialrevolutionär Thomas Münzer.