Jean Paul: Gesellschaftskritik, Innerlichkeit und Humor
von Bernhard Pollmann

In seinen Lesern wollte er "den überirdischen Engel des innern Lebens. wecken, unter Romantikern und Schriftstellern des Vormärz riefen seine Werke Begeisterung hervor, in der Bismarck-Zeit geriet er völlig in Vergessenheit, und Nietzsche nannte ihn ein spießiges "Verhängnis im Schlafrock. ; doch im 20. Jahrhundert wurde er wieder entdeckt, und heute zählt er zu den Klassikern der deutschen Literatur: Vor 175 Jahren, am 14. November 1825, starb der Schriftsteller Jean Paul in Bayreuth.

Er wurde am 21. März 1763 in Wunsiedel geboren. Wegen Verarmung mußte er sein Theologiestudium abbrechen und arbeitete als Hauslehrer. 1796 hatte Jean Paul auf Einladung Weimar besucht, und in den folgenden Jahren zog er durch Deutschland, bis er sich 1804 in Bayreuth endgültig niederließ. Seit 1799 hatte er den Titel eines Legationsrates inne, und 1808 gewährte ihm er Fürstprimas von Dalberg eine Pension. Jean Paul entwickelte sich zum beliebtesten Dichter der Zeit, seine Werke erhoben den Roman in Deutschland zur führenden Gattung.

Sein satirisches Talent stellte Jean Paul in den Dienst der Aufklärung, durch Witz und Wortspielereien wollte er nicht nur unterhalten, sondern zu selbständigem Denken anregen und menschenverachtende Strukturen der höfischen Gesellschaft in Frage stellen. Dabei strebte er keine Revolution wie in Frankreich an, sondern er verknüpfte seine Kritik mit einer "romantischen. Utopie - dem Idyll, der "idealischen Welt", die "nur vom innern, nicht vom äußern Menschen betreten und beschauet werden kann. . So war Jean Paul einer der ersten demokratisch-republikanischen deutschen Schriftsteller, verband diese Haltung jedoch nicht mit tagespolitischem Kampf, sondern mit der Spiritualität des "innern Menschen. .

Zu den größten Erfolgen Jean Pauls zählen der von republikanischem Freiheitspathos getragene Roman "Hesperus. (1795, mehrere, teilweise veränderte Auflagen), der gefühlsinnige und teilweise bitter sarkastische Kleinstadt-Eheroman "Siebenkäs. (1796, übersetzt in alle Kultursprachen) und der Bildungsroman "Titan. (1800 bis 1804). Die zuweilen weitschweifige Art Jean Pauls wird schon in den Titeln deutlich: der volle Titel von "Siebenkäs. lautet "Blumen-, Frucht- und Dornenstükke oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F. S. Siebenkäs im Reichsmarktflecken Kuhschnappel. .

Wie sehr Jean Paul seine schriftstellerische Arbeit als die eines Erziehers sah, verdeutlicht sein pädagogisches Werk "Levana oder Erziehungslehre. (1807). Wie sehr er der Religion verbunden war, zeigt, daß er selbst in einer politischen Schrift wie den "Fastenpredigten während Deutschlands Marterwoche. (1817) darauf verwies, daß das Irdische in Bezug zum Göttlichen zu sehen sei: "Die Menschen vergessen und verzweifeln nur zu oft: sonst würden sie finden, daß das Schauen und Vertrauen auf die göttlichen Gesetze des großen Weltganges leichter das Ziel weissagen kann, als oft der Reichtum von Kenntnissen der politischen Einzelheiten vermag. .



 



Jean Paul, der vor 175 Jahren starb, verknüpfte seine Kritik an der Gesellschaft mit einer "romantischen Utopie. .